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Rosa Paten besuchen schwule Senioren

Ältere homosexuelle Männer finden seit 2006 in Frankfurt einen eigens für sie eingerichteten Besuchsdienst: Die Rosa Paten. „Für ältere Schwule ist es immer noch schwierig, sich gegenüber Menschen zu öffnen, die nicht der gleichen Lebenswelt zugehören“, sagt Norbert Dräger. Er rief die „Rosa Paten“ gemeinsam mit Helmuth Ehrenberg ins Leben. Die gesellschaftliche Ächtung homosexueller Männer setzte sich nach der Verfolgung in der NS-Zeit auch in der Nachkriegszeit fort: „Das bleibt in den Menschen drin, diese Generation öffnet sich nicht so einfach, auch zu uns nicht“, sagt Norbert Dräger. Er erzählt von einem schwulen Senior in einem Altenpflegeheim, dem der Besuchsdienst einerseits willkommen war, aus Sorge, sein Zimmernachbar könne denken, er sei schwul, stellte er den Kontakt zu den Rosa Paten jedoch ein. Kein Einzelfall: „Manche bleiben lieber alleine und lassen sich nicht besuchen, “ sagt Dräger, „das finde ich erschreckend“. Die meisten schwulen Männer haben keine Familien gegründet, viele stehen im Alter allein, wenn sie sich keine anderen Strukturen aufgebaut haben.

Raus aus der Einsamkeit

Hier setzen die Rosa Paten an: Sie planen Ausflüge, unternehmen Spaziergänge, führen Gespräche. Besucher und Besuchter überlegen gemeinsam, wie sie die zwei bis drei Stunden pro Woche, die sie zusammen verbringen, gestalten möchten. Norbert Dräger erzählt von einem schwulen Paar, das seit acht Jahren regelmäßig von einem der Rosa Paten besucht wird. Einer der beiden Partner war nach mehreren Schlaganfällen sehr hinfällig und saß im Rollstuhl, während der Besuche konnte sich sein Freund erholen und „den Tag für sich genießen, es war eine totale Entlastung“. Inzwischen ist der Kranke verstorben, seinen hinterbliebenen Partner besucht der Rosa Pate weiterhin. So ist das Projekt auch angelegt: „Wir arbeiten langfristig“, sagt Dräger. Seine Vision: „Der Ältere profitiert von den Tipps und der Unterstützung des Jüngeren, der Jüngere wiederum vom Erfahrungswissen des Älteren.“

Andere Biografien kennenlernen

Bei den Rosa Paten engagiert sich der 21-jährige Freiwillige ebenso wie der Mittsiebziger. Ältere und Jüngere freuen sich, „gebraucht zu werden, eine andere Form von Anerkennung zu erleben als im Beruf und neue Lebensgeschichten kennenzulernen“. Im Moment gibt es mehr Freiwillige als Senioren, die Besuch wünschen. Als betagter Mensch einen Wildfremden anzurufen, fällt eben vielen schwer, weiß Dräger. Die Rosa Paten machen sich deshalb über Pflegedienste und Seniorenheime bekannt, über Mund-zu-Mund-Propaganda und die eigenen Netzwerke. Sie erhalten für ihre Aufgabe eine gründliche fachliche Vorbereitung, regelmäßig gibt es Supervision, einige im Team haben auch in Kooperation mit dem Frankfurter Verband für Alten- und Behindertenhilfe  einen Grundkurs zum ehrenamtlichen Pflegebegleiter absolviert. Ältere Herren sind herzlich willkommen, den Besuchsdienst der Rosa Paten in Anspruch zu nehmen. ssl

Kontakt: 
Norbert Dräger
Rufnummer 0 69 / 13 38 79 30
E-Mail: n.draeger@ag36.de
https://www.frankfurt-aidshilfe.de/content/rosa-paten