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Demografischer Wandel und Sommerzeit beeinträchtigen Versorgung mit Blutprodukten.

Foto: Pixabay

Anlässlich des Weltblutspendetags am 14. Juni ruft die Deutsche Gesellschaft für Transfusionsmedizin und Immunhämatologie e.V. (DGTI)zur regelmäßigen Blutspende auf. Denn aufgrund des demografischen Wandels wird es in Zukunft verstärkt zu Engpässen in der Versorgung mit Blutprodukten kommen, wenn nicht mehr Menschen regelmäßig zur Blutspende gehen. Die Fachgesellschaft weist außerdem darauf hin, dass insbesondere in der Sommerzeit aufgrund von Urlauben und Ferien zu wenige Menschen Blut spenden. Die Transfusionmediziner:innen klären auf, wer Blut spenden darf und wie eine Blutspende abläuft.
„Wir spüren, dass die Generation der Baby-Boomer jetzt ins Rentenalter kommt und somit allmählich aus dem Spenderpool herausfällt. Zugleich trägt derzeit die Gruppe der über 45-jährigen Spenderinnen und Spender stark zum Spendenaufkommen bei – diese werden jedoch in den nächsten Jahren zunehmend als Spender ausfallen“, sagt Professor Dr. Holger Hackstein, Präsident der DGTI. Gleichzeitig wächst die Gruppe der Senior:innen stark an, die besonders viele Blutprodukte benötigen. „Hinzu kommt, dass es insbesondere während der Sommermonate immer wieder zu Engpässen in der Versorgung mit Blutprodukten kommt. Auch derzeit spüren wir einen deutlichen Mangel. Durch die Pfingstferien sind viele Menschen verreist oder ziehen aufgrund des schönen Wetters andere Aktivitäten dem Blutspenden vor“, betont der Erlanger Transfusionsmediziner. Die DGTI ruft anlässlich des Weltblutspendetags daher alle Menschen, die für eine Blutspende infrage kommen, zur regelmäßigen Spende auf.
Blutbanken können keine langfristigen Lagerbestände aufbauen, denn sowohl das Vollblut als auch die aus ihm gewonnenen Produkte besitzen nur eine sehr begrenzte Haltbarkeit. „Erythrozytenkonzentrate müssen binnen 35 bis 42 Tagen verbraucht werden, Thrombozytenkonzentrate sind sogar nur 4 bis 5 Tage haltbar“, erläutert Hackstein. Durch blutsparende Maßnahmen konnte der Blutverbrauch in den Kliniken zwar in den letzten 15  Jahren deutlich gesenkt werden: Eigenblutspenden vor geplanten Eingriffen, die Rückgewinnung von Wundblut während der Operation sowie schonendere Operationstechniken erlaubten es, bis zu einem Drittel der Blutprodukte einzusparen. „Dennoch sind wir dringend auf mehr regelmäßige Blutspenden angewiesen, um die Bevölkerung ausreichend versorgen zu können“, so der DGTI-Präsident. „Ob bei der Versorgung von Schwerverletzten, bei Operationen oder bei der Therapie von Erkrankungen wie Krebs – damit wir Verletzten und Kranken helfen und die Möglichkeiten des medizinischen Fortschritts ausschöpfen können, brauchen wir Blutprodukte, die aus den Blutspenden von Menschen gewonnen werden“, so der Experte weiter. Hierfür gibt es keinen Ersatz.
„Das Gefühl, einem oder sogar mehreren Menschen in großer Not mit seiner Spende geholfen zu haben, ist unbezahlbar“, betont Hackstein. Denn aus einer Vollblutspende werden in der Regel mehrere Blutprodukte gewonnen, mit denen bis zu drei Menschen versorgt werden können. „Man kann mit einer Blutspende also bis zu drei Leben retten“, betont der Transfusionsmediziner. Eine Alternative gibt es nach wie vor nicht: Allen biotechnologischen Fortschritten zum Trotz kann der wertvolle Rohstoff Blut noch immer nur per Blutspende gewonnen und nicht routinemäßig im Labor künstlich hergestellt werden. Vor diesem Hintergrund ruft die DGTI anlässlich des Weltblutspendentags zur regelmäßigen Blutspende auf.

Wer eignet sich als Blutspender?

Grundsätzlich können alle Menschen, die volljährig und nicht älter als 73 Jahre sind, sich gesund und fit fühlen und mindestens 50 Kilogramm wiegen, zur Blutspende gehen. Erstspendende sollten nicht älter als 65 Jahre sein. Auch ältere Personen können spenden, sofern sie gänzlich gesund sind und keine Medikamente einnehmen. Es erfolgt in diesen Fällen eine individuelle ärztliche Entscheidung in den Blutspendediensten. Blutspendende sollten ihren Personalausweis und, sofern schon vorhanden, ihren Blutspenderausweis zum Termin mitbringen und am Tag der Blutspende  ausreichend essen und trinken, um Kreislaufproblemen vorzubeugen.
Die Ärzt:innen, welche die Blutspende begleiten, untersuchen vorher ausführlich jeden potenziellen Spendenden, um die aktuelle individuelle Eignung abzuklären. Dabei hilft ein Fragebogen, den alle spendenwilligen Personen ausfüllen müssen. „Die Teilnahme an einer Blutspende hat für die Spenderinnen und Spender auch den Vorteil, dass sie danach ihre eigene Blutgruppe kennen. Ist man selbst im Notfall auf eine Bluttransfusion angewiesen, kann so schneller das passende Blutprodukt gefunden werden. Außerdem können durch die ausführliche Untersuchung vor einer Blutspende mögliche Erkrankungen frühzeitig erkannt werden“, hebt Hackstein die Vorteile einer Blutspende hervor.

Wie oft dürfen Interessierte spenden?

Männer dürfen innerhalb von zwölf Monaten bis zu sechs Vollblutspenden leisten, Frauen bis zu vier. Der Abstand zwischen den Blutspenden muss mindestens 56 Tage betragen, damit der Körper Zeit hat, den Blutverlust wieder auszugleichen. „Menschen können nicht beliebig oft Blut spenden. Dies unterstreicht, warum möglichst viele verschiedene Personen regelmäßig zur Blutspende gehen sollten“, so der Experte.

Neues Transfusionsgesetz seit 1. April 2023:

Übrigens: Seit dem 1. April ist die sexuelle Orientierung kein Kriterium mehr für eine Blutspende! Seitdem dürfen auch Männer, die Männer lieben, ihr Blut spenden! Das neue Transfusionsgesetz besagt, dass die sexuelle Orientierung und die Geschlechtsidentität kein Ausschluss- oder Rückstellungskriterium mehr sein dürfen. Denn das Risiko einer Infektion bei der Blutspende bemisst sich danach, ob das individuelle Sexualverhalten der spendewilligen Personen riskant war, etwa durch häufig wechselnde Partner:innen in den Monaten vor der Blutspende – nicht danach, ob eine Person homo-, bi- oder heterosexuell beziehungsweise transgeschlechtlich ist.
Gleichzeitig wird auch die Altershöchstgrenze für Spender:innen abgeschafft. In Zukunft sollen Mediziner:innen im Individualfall darüber entscheiden, ob eine Person ungeachtet ihres Alters fit genug ist, um zu spenden.

Weitere Informationen: www.dgti.de