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AOK-Pflegereport 2017 deckt erneut Missstände auf

In dem Medikamenten-Cocktail, den ältere Menschen einnehmen, die Zuhause oder in Seniorenheimen gepflegt werden, befinden sich auch viele Arzneien zur Behandlung psychischer Probleme.

Der AOK-Pflegereport 2017 hält fest:
• jeder fünfte Deutsche, der älter als 65 Jahre und pflegebedürftig ist, nimmt ein Medikament gegen Depressionen ein
• nahezu jeder fünfte Pflegebedürftige schluckt Neuroleptika, also Arzneimittel gegen Wahnvorstellungen. Unter Menschen mit Demenz ist es sogar jeder Dritte.
• fünf Prozent der Pflegebedürftigen erhalten Beruhigungsmittel, so genannte Hypnotika oder Sedativa.
• Mittel gegen Ängste, Anxiolytika nehmen rund sechs Prozent ein.

Noch mehr Medikamente zur Behandlung von Unruhe, Ängsten oder Depressionen nehmen alte Menschen ein, die in Pflegeheimen leben. Der AOK-Pflegereport gab eine Erhebung unter 841 der rund 800.000 Bewohnerinnen und Bewohner von Seniorenzentren in Auftrag:
• gut 30 Prozent der Pflegeheimbewohner erhielten der Erhebung zufolge ein Antidepressivum
• 20 Prozent der Hochbetagten ohne Demenz nahmen ein Neuroleptikum in Dauermedikation
• 43 Prozent der Bewohnerinnen und Bewohner mit Demenz bekamen ein Neuroleptikum in Dauermedikation
• bei Bedarf werden weitere Neuroleptika und beruhigende Medikamente zusätzlich gegeben

Neuroleptika
• Sie sind aber nicht das Mittel der Wahl bei der Behandlung von Demenzpatienten mit auffälligem Verhalten wie ausgeprägter Unruhe oder Aggression. Vielmehr sind dem Pflegereport zufolge nur ganz wenige Wirkstoffe für die Behandlung von Wahnvorstellungen bei Demenz zugelassen
• Sie sollten maximal für die Dauer von sechs Wochen eingenommen werden
• Sie ziehen eine Reihe unerwünschter Nebenwirkungen nach sich, beispielsweise ein erhöhtes Sturzrisiko, eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, Thrombosen oder Schlaganfälle zu erleiden, und sie können die geistige Leistungsfähigkeit weiter verschlechtern.
Viele Psychopharmaka stehen auf der Priscus-Liste (siehe Text „Für Ältere potenziell ungeeignet“)) und werden als potenziell inadäquate Medikation für ältere Menschen angesehen, sie bergen ein erhöhtes Risiko für Morbidität und Mortalität.
Als Alternativen empfiehlt der Pflegereport eine angemessene Schmerztherapie, menschliche Zuwendung und die Befähigung des Pflegepersonals, mit dem teilweise sehr belastenden Verhalten von Menschen mit Demenz umzugehen.
http://aok-bv.de/presse/pressemitteilungen/2017/index_18363.html