Aktuelle Ausgabe zum Lesen  eye   zum Hören  ear
Schriftgröße  

Das Jüdische Museum Frankfurt baut seine Bildungsoffensive in 2024 aus und präsentiert multimediale Ausstellungen

Foto: Norbert Miguletz

Im dritten Jahr nach seiner Wiedereröffnung am 20. Oktober 2020 hat das Jüdische Museum Frankfurt einen Besucher:innenrekord aufgestellt: Knapp 100.000 Menschen besuchten 2023 seine beiden Museen oder nahmen andernorts an einem der vielen Bildungsangebote teil. Dies sind 30,3 Prozent mehr Besuchende als im Jahr 2022 (76.400). Unter den 64.800 Menschen, die den Museumskomplex am Bertha-Pappenheim-Platz aufsuchten, erfreute sich die Wechselausstellung „Zurück ins Licht: Vier Künstlerinnen – Ihre Werke. Ihre Wege“ vom 25.November 2022 bis 29. Mai 2023 besonderer Beliebtheit. Einen Besuchendenzuwachs von 43 Prozent konnte auch das Museum Judengasse infolge der neuen Außenraumkommunikation verzeichnen. Es wurde von 25.400 Menschen besucht (im Jahr 2022 von 17.800). Weitere 1400 Personen (plus 300 im Vergleich zu 2022) ließen sich über die Erinnerungsstätte an der Großmarkthalle auf und neben dem Gelände der Europäischen Zentralbank führen. Große Resonanz erfuhr auch das schulische Bildungsangebot: Rund 5200 Schülerinnen und Schüler aller Schulformen (plus 1200 im Vergleich zu 2022) haben an Führungen und Workshops teilgenommen.
 
Hinzu kommen rund 8400 Museums-Gäste, die keine Tickets kauften. Dazu gehören unter anderem die Teilnehmenden des METAhub-Festivals „Mapping Memories“ im Museum Judengasse, ohne Anmeldung, freier Eintritt vom 13. bis 30. April 2023, der Sound-Installation im öffentlichen Raum anlässlich des Paulskirchenjubiläums „Reden bewegen“ sowie die zahlreichen internationalen Fachbesucher:innen aus Museen, Kultur- oder Wissenschaftsinstitutionen, die zu Tagungen, Workshops oder exquisiten Veranstaltungen ins Jüdische Museum kamen, sowie – last but not least – die rund 1000 Gäste der insgesamt sieben Ausstellungseröffnungen.
 
Bildungsoffensive für eine demokratische, diverse Gesellschaft und gegen Antisemitismus

Trotz des Terrorangriffs von Hamas vom 7. Oktober 2023, des eruptiven Anstiegs antisemitischer Vorkommnisse in Deutschland und der verstärkten Sicherheitsmaßnahmen versteht sich das Jüdische Museum weiterhin als ein „Museum ohne Mauern“. Es hat darum umgehend mit einem breiten Bildungs- und Vermittlungsangebot auf die neue Situation reagiert. Neben der Soundinstallation mit den Namen der Geiseln, die auf dem Vorplatz zu hören ist, sowie mehreren Veranstaltungen, verstärkt das Museum 2024 insbesondere sein antisemitismuskritisches und interkulturelles Bildungsangebot. 
Das Extremismus-Präventionsprogramm „AntiAnti. Museums Goes School” an berufsbildenden Schulen wird erstmals parallel mit drei Klassen an zwei verschiedenen Berufsschulen durchgeführt und in seiner Konzeption und Methodik in dem Buch „Museum als Lern- und Bildungsort für Kinder und Jugendliche – Zwei Outreach-Programme des Jüdischen Museums in Frankfurt“ (Arbeitstitel), das Mitte des Jahres im Wochenschau-Verlag erscheinen soll, eingehend vorgestellt.
Die Publikation bietet neben der Grundlage, dass das vielbeachtete Programm auch von anderen Bildungsträgern durchgeführt werden kann, auch eine Evaluation des Projekts. Die interkulturelle Projektwoche für Grundschulen, „Wahrheiten und Narrheiten“, in der die Kinder ein Schattentheater entwickeln und aufführen, ist schon jetzt für 2024 zur Hälfte ausgebucht. Der ihr zugrundeliegende kreative Zugang zu interkulturellem Lernen wird in der neuen Publikation ebenfalls eingehend vorgestellt.
Bereits 2015 entwickelte das Jüdische Museum in Kooperation mit dem Bibelhaus Erlebnismuseum und der Merkez-Moschee das nachbarschaftliche Bildungsprogramm für Schulklassen „3 Orte – 3 Tage – 3 Religionen“. Die Peter Fuld Stiftung, welche die Projekttage gemeinsam mit dem Lions Club finanziert, hat das Programm evaluiert und will es aufgrund der positiven Ergebnisse im Jahr 2024 weiter ausbauen.
 Den im Oktober 2023 neu initiierten „fachlichen Austausch mit Lehrer:innen und Schulleitungen über die Auswirkungen des 7. Oktobers auf den schulischen Alltag“ bietet das Jüdische Museum weiterhin an, denn die Nachfrage nach einem Gespräch und einer Beratung im geschützten Raum ist hoch. Dasselbe gilt für das neu entwickelte Führungsangebot „Auseinandersetzung mit Antisemitismus“: Dieses unmittelbar nach dem 7. Oktober 2023 in Form von Online-Führungen von Museumsdirektorin Mirjam Wenzel entwickelte Format ist nun fester Bestandteil der regulären öffentlichen Führungen durch die Dauerausstellung.
In Kooperation mit der Bundeszentrale für politische Bildung hat das Jüdische Museum für das laufende Schuljahr 2023/24 unter dem Titel „Reden bewegen – WOHIN?“ ein demokratiebildendes Angebot für Schulen entwickelt, das sich auf die Frankfurter Paulskirche und deren Geschichte bezieht. Das Angebot baut auf der Soundinstallation für den öffentlichen Raum auf und wurde bereits von vier Schulen sowie der Volkshochschule gebucht.

Das Jüdische Museum, Bertha-Pappenheim-Platz, ist dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr, donnerstags auch bis 20 Uhr geöffne
 
Kommende Wechselausstellungen:

Natalia Romik. Architekturen des Überlebens”. Die Architektin, Historikerin und Künstlerin hat Verstecke erforscht, in denen Verzweifelte während der deutschen Besetzung Polens und der Ukraine Schutz vor dem Holocaust suchten. Zu sehen ist die daraus entstandene Ausstellung vom 1. März bis zum 1. September.

„Mirjam Pressler. Schreiben ist Glück“ präsentiert vom 19. April bis 1. September die Schriftstellerin und Übersetzerin Mirjam Pressler (1940–2019), eine gebürtige Darmstädterin.

“Im Angesicht des Todes”. Kuratiert von Sara Soussan. Die europaweit erste Ausstellung , die sich umfassend mit der Kulturgeschichte des Todes im Judentum befasst, ist vom 1. November bis Juli 2025 zu sehen.

t.